Predigt zu Quasimodogeniti (Kol 2)

Liebe Gemeinde,
Ostern ist kein einfaches Fest. Es ist schwer an die Auferstehung zu glauben. Und gleichzeitig hören wir immer wieder, besonders an Karfreitag: Gestorben für deine Sünden. Na toll, denkt sich mancher: Ich bin also am Tod eines Menschen schuld. Und so viele Sünden habe ich doch gar nicht begangen.
Unser heutiger Predigttext versucht theologisch zu erklären, wieso uns gerade Karfreitag und Ostern wieder mit Gott verbinden. Er steht im Brief an die Gemeinde in Kollossae im 2. Kapitel:
Mit ihm seid ihr begraben worden durch die Taufe;
mit ihm seid ihr auch auferstanden durch den Glauben aus der Kraft Gottes, der ihn auferweckt hat von den Toten.
Und er hat euch mit ihm lebendig gemacht, die ihr tot wart in den Sünden und in der Unbeschnittenheit eures Fleisches, und hat uns vergeben alle Sünden.
Er hat den Schuldbrief getilgt, der mit seinen Forderungen gegen uns war, und hat ihn weggetan und an das Kreuz geheftet.
Er hat die Mächte und Gewalten ihrer Macht entkleidet und sie öffentlich zur Schau gestellt und hat einen Triumph aus ihnen gemacht in Christus.
Wenn es Ihnen jetzt so geht, dass Sie nur noch Bahnhof verstehen, dann verstehe ich das voll und ganz. Der ursprüngliche Text ist schwer zu verstehen, schon allein von der Sprache her und in seinen Gedanken erst recht. Jörg Zink hat den Text etwas verständlicher übertragen. Hören Sie, wie er den Text versteht:
Wie er begraben wurde, so seit ihr gestorben und begraben. Dafür ist die Taufe, bei der ihr ins Wasser getaucht werdet, das Zeichen. Wie er aus dem ‚Tod auferstanden ist, so seid ihr zu neuem Leben dadurch auferstanden, dass ihr an die Macht dessen glaubt, der ihn von den Toten auferweckt hat.
Eure Sünden, eure natürliche Fremdheit von Gott, waren das Grab, in das ihr euch selbst verschlossen habt. Er aber hat die Sünden weggeräumt, euer Grab geöffnet und euch frei heraustreten lassen.
Oder anders gesprochen: Ihr habt euch durch alles Böse, das ihr gedacht oder getan habt, ständig verschuldet. Immer länger wurde die Liste, in der verzeichnet war, was ihr Gott schuldig seid und was ihr zurückzuzahlen oder wiedergutzumachen habt. Da hat Christus den Schuldscheìn genommen, ihn zerrissen und an das Kreuz geheftet, an dem er selbst gestorben ist. Damit ist gesagt: Das alles ìst wiedergutgemacht. Das alles ist zurückbezahlt.
So hat er über den Tod gesiegt, über die Sünde und den Teufel, die über euch Macht hatten. Er hat sie unschädlich gemacht und bloßgestellt wie ein Feldherr, der nach dem Sieg ein Fest feiert und seine Gefangenen im Triumphzug durch die Straßen führt.

Liebe Gemeinde,
um zu verstehen was an Ostern geschehen ist, muss man erst einmal anerkennen, dass wir alle Fehler machen. Dass wir andere Menschen verletzen und ihnen weh tun. Oft auch unabsichtlich. Wir müssen anerkennen, dass wir unser eigenes Potential, unsere Fähigkeiten oft nicht nutzen. Und dass wir oft Gott nicht vertrauen. Gerade dann, wenn es hart auf hart kommt, zweifeln wir oft.
Durch all das halten wir Abstand zu Gott, leben in einer Fremdheit, wie es der Brief sagt. Theologisch gesprochen, nennen wir all das Sünde. Sünde – ein Wort dafür, dass wir oft unseren Abstand zu Gott haben. Und die Menschen damals sind überzeugt: Da gibt es Mächte, die genau das wollen. Vielleicht denken wir nicht mehr an den Teufel, aber das Gefühl, dass es etwas gibt, dass uns Böses tun lässt, das kennen Sie vielleicht auch.
Wir sind also als Menschen von Gott auch immer ein bisschen getrennt, nie ist es so wie Gott es für uns und zu unserem Besten will.
Meiner Erfahrung nach ist die innere Trennung, das Gefühl: Gott- gibt’s dich überhaupt? Immer dann besonders stark, wenn es mir schlecht geht. Die Frage ist dann: Wer fühlt mit mir mit? Und: Wieso ist Gott der allmächtige, weit oben im Himmel nicht hier unten bei mir, wenn es mir schlecht geht?
Und da kommen wir zu Karfreitag: Jesus leidet, stirbt, wird noch am Tod verspottet. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, mir ist dieser leidende Jesus manchmal sehr nah. Vor allem wenn es mir schlecht geht: Der weiß, wie es mir geht. Nur durch Karfreitag kommt Jesus mir ganz nahe und mit ihm auch Gott.
Aber Gott wäre kein Gott, wenn das Leid das Ende wäre. Jesus lebt. Und damit ist Leid nicht verschwunden, aber
nicht mehr das Ende. Denn wir glauben: Da wird noch etwas kommen, sogar nach dem Tod. Gott lässt mich nicht mehr allein, auch nicht im Tod. „So hat Gott über den Tod gesiegt“ übersetzt Zink.
„Eine schöne Geschichte, aber was hat sie mit mir zu tun?“ fragt sich nun vielleicht so mancher. Lange vergangen, aber was habe ich damit zu tun.
„Du bist mitgenommen.  Weil du glaubst, dass Jesus Gott ganz nahe war, ist Gott auch dir ganz nahe wenn es dir schlecht geht. Und nicht nur Jesus ist auferstanden, wir alle werden auferstehen“, so lautet die Antwort. Der Verfasser des Briefes nach Kollossae ruft den Christen dort fast zu:
Wie er begraben wurde, so seit ihr gestorben und begraben.Wie er aus dem ‚Tod auferstanden ist, so seid ihr zu neuem Leben dadurch auferstanden, dass ihr an die Macht dessen glaubt, der ihn von den Toten auferweckt hat.
Eure Sünden, eure natürliche Fremdheit von Gott, waren das Grab, in das ihr euch selbst verschlossen habt. Er aber hat die Sünden weggeräumt, euer Grab geöffnet und euch frei heraustreten lassen.
Und er bietet den Menschen damals ein sehr intensives Bild. Das Bild vom Schuldscheine. Schuldscheine haben wir heute nicht mehr, aber Kredite. Er schreibt:
Oder anders gesprochen: Ihr habt euch durch alles Böse, das ihr gedacht oder getan habt, ständig verschuldet. Immer länger wurde die Liste, in der verzeichnet war, was ihr Gott schuldig seid und was ihr zurückzuzahlen oder wiedergutzumachen habt. Da hat Christus den Schuldscheìn genommen, ihn zerrissen und an das Kreuz geheftet, an dem er selbst gestorben ist. Damit ist gesagt: Das alles ìst wiedergutgemacht. Das alles ist zurückbezahlt.
Ein tolles Bild: Stellen Sie sich vor, sie müssten für jede Verletzung, die sie anderen Menschen zugefügt haben, etwas in die Kasse zahlen. Bei großen Verletzungen ein bisschen mehr. Stellen Sie sich vor, sie müssten für all die Momente, wo sie ihre Fähigkeiten nicht ausgenutzt haben zahlen. Und auch für die Zeiten, wo Sie Gott nicht vertraut haben. Eine Kasse für all die Momente, die uns von Gott und den Mitmenschen trennen. Ich wäre pleite. Manche Verletzungen kann man gar nicht in Geld beziffern.
Jesus Christus überwindet diese Trennungen. Er bezahlt Ihre Schulden. Er zahlt das Geld für Sie in die Kasse. Sie schulden niemandem mehr etwas. Nicht sich selbst, nicht den Mitmenschen, nicht Gott. Es ist bezahlt.
Ein toller Gedanke, oder?
Und dafür reicht der Glaube aus. Der Glaube, dass Gott die Macht hat, die Trennung zu überwinden. Ein Gedanke, der Luther besonders wichtig war.
Und die Taufe, die ist dafür das Zeichen. Vor einigen Wochen haben mich meine Konfis gefragt, ob sie denn notwendig ist. Ich habe gesagt: Mit der Taufe ist das wie mit der Hochzeit. Sie ist eine wunderbare Bekräftigung: Meines Glaubens und von Gottes Geschenk der Versöhnung. Natürlich kann ich zusammen leben ohne zu heiraten. Aber eine Hochzeit ist einfach noch einmal etwas anderes.
Und deshalb war schon für die ersten Christen die Taufe das Zeichen, dass wir mit Gott verbunden sind.
Durch diese Verbindung sind Karfreitag und Ostern etwas besonderes. Weil Jesus uns durch sein Leiden in unserem Leid nahekommt. Weil uns Gott so nahe kommt. Und weil durch die Auferstehung Jesus wir glauben können, dass das Leid nicht das Ende ist. Ein trauriger Tag, dieser Karfreitag. Aber gemeinsam mit Ostern ein ganz besonderer Tag, der uns Gott nahe bringt.
Amen.
Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre euren Herzen und Sinne in Christus Jesus.
Amen

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