Vor kurzem bei einer Beerdigung in unserer Kirche: Die Sicht auf den Taufstein war teils durch Blumen verdeckt. Es störte mich.
„Lass doch“, sagte meine Frau. „Es tut Ihnen gut“. „Die wollen halt ihre Liebe ausdrücken“, sagte der Florist.
Ich merkte trotzdem mein Unbehagen. Warum eigentlich? Eigentlich bin ich bei solchen Fragen sehr tolerant. Was regte sich da an mir als Widerstand? Hatte das auch theologische Gründe?
Die Taufe sichtbar sein lassen
Ich bin ein großer Verfechter davon, die Kirche größtenteils so zu lassen, wie sie gebaut wurde. Gerade unsere Versöhnungskirche ist sehr, sehr durchdacht. Wir haben das Glück, die Gedanken hinter dem Erweiterungsbau auch nachvollziehen zu können.
Aber das war es nicht. Etwas anderes störte mich. Es dauerte einige Stunden bis ich darauf kam:
Als Evangelische haben wir in der Kirche eigentlich nur ein sichtbares Symbol für die Taufe: Den Taufstein. Katholiken haben es da einfacher: die haben auch noch das Weihwasser am Kircheneingang, das an die Taufe erinnert. Und mit ihm werden hier auch die Gräber besprengt.
Evangelischerseits erinnert – zumindest in Neunburg – nur der Taufstein an die Taufe. Es schien mir, als wäre das Symbol der Taufe, als wäre die Erinnerung an die Taufe verdeckt. Es ging mir, so merkte ich immer mehr, darum, dass die Taufe sichtbar bleibt.
Emotionen im Kirchenraum
Wieso war mir das gerade bei einer Beerdigung so wichtig, wichtiger als in anderen Gottesdiensten?
Ich glaube es liegt an der Situation der Beerdigung: Emotional gesehen war, zumindest bei dieser Beerdigung, viel Trauer und Emotionalität in der Luft.
Die negativen Emotionen, die Aggressionen, haben ihr Symbol im Kirchenraum: Das Kreuz.
Das Kreuz an sich ist erstmal ein Symbol, das mit Negativität verbunden ist. Es ist gezeichnet von Aggression: Aggression gegenüber Jesus, der am Kreuz starb. Es ist mit Gewalt und Tod verbunden.
Die Trauer, die unter dem Kreuz in Form der Frauen versammelt war, ist durch die schwarze Farbe bei Beerdigungen symbolisiert.
Dass das Kreuz auch viel mehr sein kann, vom Sieg des Lebens über den Tod erzählt, kommt erst später raus. In unserem Kreuz ist es besonders ausgedrückt: Die symbolisierten Holzbalken zersplittern beim Einschlagen der Nägel, das Kreuz zerbricht unter seiner Gewalt.
Doch für so tiefe Betrachtungen bleibt bei einer Beerdigung und in der Situation der Trauer keine Zeit und Kraft.
Da kommt für mich der Taufstein ins Spiel, besonders in unserer Kirche in Zusammenhang mit dem Fenster:
Durch die Taufe sind wir mit Gott verbunden. Als Christen vertrauen wir darauf, mit dem Tod wieder zu Gott zurückzukehren und dann mit ihm vereint zu sein.
Später am Grab sage ich „Durch die Taufe ist XYZ mit Christus verbunden. Nichts und niemand, keine Mächte und Gewalten, auch der Tod nicht, können ihn aus Gottes Hand reißen“ (nach Römer 8,38-39)
Finden sich im Kreuz die aggressiven Emotionen, so finden sich für mich im Taufstein als Symbol der Taufe die tröstlichen Emotionen: der Trost, das Vertrauen auf Gott, die Hoffnung. All das, was es bei einer Beerdigung braucht.
Und das sollte nicht durch Blumen verdeckt sein. Nein, der Taufstein sollte gut sichtbar sein, damit die auch das Tröstliche durch die Trauer schimmern kann.
Auch wenn ich großen Respekt vor dem Wunsch der Angehörigen habe, ihrer Liebe Ausdruck zu geben: In meiner Kirche soll der Taufstein frei bleiben. Er soll als Symbol des Vertrauens in die Zusage der Taufe wirken können. Das habe ich im Nachdenken gelernt.
Christinnen und Christen glauben, dass der Tod nicht das letzte Wort hat.
Bei einer Beerdigung nehmen Menschen Abschied von einem verstorbenen Menschen.
Zur kirchlichen Beerdigung gehören ein Gottesdienst und die anschließende Beisetzung des Verstorbenen.
Bei der Feier wird der Verstorbene ausgesegnet, das heißt in Gottes Hand übergeben.
Die Beerdigung ist aber nicht nur eine Feier für den Verstorbenen, sondern auch ein wichtiger Moment für die Angehörigen. Gebete und Lieder helfen, mit der eigenen Trauer umzugehen.
Die Angehörigen können Gott für das Leben des Verstorbenen danken, aber auch Trost und Vergebung erfahren für die Zeiten, in denen das Zusammenleben schwierig war.
Die kirchliche Beerdigung ist der Ort, an dem sich Christinnen und Christen in besonderer Weise ihres eigenen Glaubens vergewissern: Christus ist auferstanden, und der Tag wird kommen, an dem er wiederkommt und das Reich Gottes vollendet.
Dann werden alle, die an ihn glauben, Verstorbene und Lebende, an Gottes neuer Welt teilhaben.
Bei Beerdigungen teilen Christinnen und Christen diese Hoffnung miteinander und trösten einander: Selbst wenn der Schmerz über die Trennung von einem geliebten Menschen groß ist, der Tod hat nicht das letzte Wort. Das Leben endet nicht mit dem Tod, Christus hat den Tod besiegt
Das sollte bei einer Beerdigung im Mittelpunkt stehen.