Sei getreu bis an den Tod – Predigt zum vorletzten Sonntag im Kirchenjahr (Offb 2,8-11)

Liebe Gemeinde!
Das Buch der Offenbarung ist ein seltsames Buch. Es ist voller Begriffe und Bilder, die wir heute nicht mehr verstehen. Das liegt vor allem daran, dass es absichtlich verklausuliert geschrieben wurde.
Geschrieben wurde es nach eigener Aussage vom Visionär Johannes. Er ist auf die Insel Patmos verbannt worden und schreibt von dort an Sieben Gemeinden am Festland.
Und als Verbannter, dessen Post vielleicht auch von den Besatzern kontrolliert wurde, kann er nicht einfach so seine ehrliche Meinung schreiben. Er schreibt also verklausuliert: die Menschen damals wussten was er meinte.
Sie wussten beispielweise, dass der Erste und Letzte, der tot war und lebendig wurde, Jesus war.
Ein römischer Zensor, der nur seine Götterwelt kannte, konnte wenig damit anfangen.
So schickte Johannes Botschaften an seine Gemeinde.
Und wir müssen 2000 Jahre später versuchen sie zu entschlüsseln, sie zu verstehen und werden sicherlich nicht alle Verstehen.

Johannes war nicht der einzige der verfolgt wurde. Viele Christen litten damals unter Verfolgung und Ihnen möchte Johannes Mut machen. Zu einem solchen Mutmachtext zählt auch unser heutiger Predigttext aus der Offenbarung des Johannes im zweiten Kapitel. Ein Engel gibt Johannes eine Anweisung:
Und dem Engel der Gemeinde in Smyrna schreibe: Das sagt der Erste und der Letzte, der tot war und ist lebendig geworden:
Ich kenne deine Bedrängnis und deine Armut – du bist aber reich – und die Lästerung von denen, die sagen, sie seien Juden, und sind’s nicht, sondern sind die Versammlung des Satans.
Fürchte dich nicht vor dem, was du leiden wirst! Siehe, der Teufel wird einige von euch ins Gefängnis werfen, damit ihr versucht werdet, und ihr werdet in Bedrängnis sein zehn Tage. Sei getreu bis an den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben.
Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt! Wer überwindet, dem soll kein Leid geschehen von dem zweiten Tode.

Ein Engel befiehlt Johannes, an einen Engel zu schreiben – und da beginnt unsere erste Schwierigkeit diesen Text zu erfassen: Können Engel denn Lesen? Engel, Angelos, kann sowohl Engel als auch Bote bedeuten – und ein Kollege verweist darauf hin, dass es noch andere Bibelstellen gibt, die darauf hindeuten, dass vielleicht ein Stellvertreter der ganzen Gemeinde gemeint ist. Das würde passen, denn zum Schluss steht ja „Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt!“. Es geht also nicht um ein einziges himmlisches Wesen – einen Engel – und nicht um eine einzelne Person, sondern um die Gemeinde in Smyrna und mit ihr um jede christliche Gemeinde, kurz: Um uns alle.
Die Gemeinde damals hat Bedrängnis und Armut erlebt, über sie wurde gelästert, Gemeindeglieder wurden ins Gefängnis geworfen und sogar der Tod als Strafe war real. Jesus – dessen Botschaft Johannes aufschreibt – weiß das alles.
Und er macht einige klare Aussagen.
Zum einen: Jesus weiß von dieser Bedrängnis. Sie ist ihm nicht fremd, teils hat er sie ja selbst erlebt. Und er weiß, dass Christen um seinetwillen verfolgt werden.
Und er kennt die Armut, die die Gemeinde erfährt.
Wir wissen nicht, wie groß die Armut war, ob sie relativ arm waren, ob sie nicht wussten, was sie am nächsten Tag essen sollten, oder ob es gar keine Materielle, sondern eher eine innerliche Armut war.
Aber: In diese Armut hinein macht Jesus eine tröstende, aufbauende Zusage: „Du aber bist reich!“

Ich muss daran denken, wie oft ich es schon erlebt habe, dass es Menschen nicht gut ging – mich selbst eingeschlossen. Das es Ihnen nicht gut ging, materiell aber auch geistig. Das sie das Gefühl hatten: Das kann ich nicht gut, dafür bin ich nicht genug begabt oder „wieso fragt er nur mich, gibt‘s da niemand besseres?“
Und ich muss daran denken, wie es Menschen verändert, wenn man Ihnen dann doch etwas zutraut. Wenn man sagt: „Doch, du bist wichtig. Du bist reich an dieser Gabe, du hast dieses Talent“
Vielleicht haben sie das auch schon erlebt, wie gut das tut, wenn einer zu Ihnen sagt: Du hast diese Begabung, du bist reich.

Und Jesus lässt das den bedrängten, ausgebrannten, verfolgten Gemeindegliedern ausrichten: Ihr seid zwar arm – aber ihr seid auch Reich: Reich an Begabungen, Ideen und: Reich an meinem Beistand!

Seinen Beistand sagt Jesus im ganzen Text zu, in dem er eine große Zusage macht: Sei getreu bis an den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben.
Die Aussage geht an eine konkret verfolgte Gemeinde. Wir in Neunburg vorm Wald können das schwer nachvollziehen. Sicherlich gibt es manchmal Unverständnis, wenn wir als Christen eine bestimmte Meinung vertreteten. Vielleicht wird man auch mal dumm angeredet. Aber wir erleben keine Bedrängnis und sind nicht mit dem Tod bedroht.
Mehr nachvollziehen können es die vielen Christen in der Welt, die auf Grund ihres Glaubens verfolgt werden.
OpenDoors, ein christliches Hilfswerk, spricht von 200 Millionen Christen, die auf der ganzen Welt, wegen ihres Glaubens verfolgt werden.
200 Millionen Menschen, die die konkrete Zusage an die Gemeinde in Smyrna, nachvollziehen können, die diese Zusage auf sich beziehen: Sei getreu bis an den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben.
Durch die Flüchtlinge, die zu uns kamen, kennen wir inzwischen einige auch persönlich. Beispielsweise Stephan, der vor einigen Jahren bei uns öfters im Gottesdienst war, der als Christ aus dem Iran geflohen ist, dessen Eltern von der Polizei aufgesucht wurden und der hier von mir getauft wurde.
Er ist einer von denen, für die diese Zusage ganz konkret galt.

Ich denke, sie gilt aber auch für uns, die wir nicht verfolgt werden. Denn auch unser Glaube an Gott, unsere Treue zu Gott wird immer wieder ganz unterschiedlich erschüttert.
Vor allem dann, wenn unser Leben ganz anders läuft, als geplant: Wenn eine lebensbedrohliche Krankheit auftritt und wir oder ein uns lieber Mensch anfängt mit dem Tod zu ringen.
Wird er oder sie es überleben? Die Medikamente vertragen?

Wenn von Ärzten die Diagnose kommt: Unheilbar und man sich gemeinsam auf den Tod vorbereiten muss.

Wenn wir sehen wie das Leben von denen, die wir lieben, vielleicht wegen Drogen kaputt geht und wir nicht wissen, was wir tun sollen.

Wenn eine Ehe in der Großfamilie zerbricht und alle mit den Kindern mitleiden.

Es gibt viele Gelegenheiten, an denen wir uns Fragen: Gott, warum.
Viele Momente, in denen unser Glaube bedrängt wird.

Sei getreu bis an den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben.
Sei getreu, bis an den Tod, so wirst du ewig leben. Es wird dir gut gehen, es wird keinen Schmerz, kein Geschrei, kein Leid , keinen Tod mehr geben.
Du wirst bei mir seinetwillen

Diese Zusage Gottes nimmt den Leid, die Schmerzen, die Angst, den Tod nicht weg. Sie ändert nicht wie unsere Welt läuft.
Aber sie setzt einen Gegenpunkt: Einen Hoffnungspunkt der sagt: Das hier ist nicht alles, was zählt. Unser Leben ist vergänglich.
Einmal wird es heißen: „Siehe, ich mache alles neu, denn das erste ist vergangen.“ Und dem, der treu ist bis an den Tod, der wird die Krone des Lebens gegeben.
Amen.

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