Gebt Rechenschaft über die Hoffnung der Versöhnung – Predigt zum 4. Sonntag nach Trinitatis (1. Petr 3,8-16)

Liebe Gemeinde,
der heutige Predigttext ist einer, über den ich schwer predigen kann. Das hat zwei Gründe: Zum einen besteht er vor allem aus Forderungen, die einem ein schlechtes Gewissen machen und eigentlich geht es ja beim Predigen darum die frohe Botschaft zu verkündigen.
Und zum anderen spricht der Predigttext genau in diese Gemeinde und Ihre Vergangenheit, in den Konflikt den es gab, hinein. Und ich habe diesen Konflikt nicht erlebt, war nicht dabei, kenne ihn nur vom Hörensagen. Aber durch meine Gespräche mit Ihnen weiß ich auch, dass er viele in unserer Gemeinde stark bewegt hat und dass Viele verletzt wurden.
Ich möchte ihn also nicht verschweigen und wenn ich über ihn rede, dann versuche ich keine Position für oder wider jemanden einzunehmen – denn das steht mir nicht an. Und gleichzeitig werde ich versuchen dir Forderungen des Textes an uns stehen zu lassen und die frohe Botschaft hervorzuholen.
Doch genug der Vorrede, hören Sie den Predigttext des heutigen Sonntags aus dem 1. Petrusbrief im 3. Kapitel:
Euch alle schließlich fordere ich dazu auf, euch ganz auf das gemeinsame Ziel auszurichten. Seid voller Mitgefühl, liebt einander als Glaubensgeschwister, geht barmherzig und zuvorkommend miteinander um! Vergeltet Böses nicht mit Bösem und Beschimpfungen nicht mit Beschimpfungen! Im Gegenteil: Segnet! Denn dazu hat Gott euch berufen, damit ihr dann seinen Segen erbt.
Denkt daran, dass es in der Schrift heißt: »Wer sich am Leben freuen und glückliche Tage sehen will, der gebe Acht auf seine Zunge, damit sie nichts Böses redet, und auf seine Lippen, damit kein unwahres Wort über sie kommt. Er wende sich vom Bösen ab und tue, was gut ist; er sei auf Frieden aus und setze sich mit ganzer Kraft dafür ein. Denn der Herr wendet sich denen zu, die seinen Willen befolgen, und hat ein offenes Ohr für ihre Bitten; doch wo jemand Böses tut, wendet er sich gegen ihn.«
Wenn ihr also mit unermüdlichem Eifer das tut, was gut und richtig ist, kann euch dann überhaupt jemand etwas Böses antun? Und solltet ihr trotzdem leiden müssen – gerade weil ihr euch nach Gottes Willen richtet –, dann seid ihr glücklich zu preisen. Habt keine Angst vor denen, die sich gegen euch stellen, und lasst euch nicht einschüchtern!
Ehrt vielmehr Christus, den Herrn, indem ihr ihm von ganzem Herzen vertraut. Und seid jederzeit bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der euch auffordert, Auskunft über die Hoffnung zu geben, die euch erfüllt.
Liebe Gemeinde,
die Gemeinde an die der Petrusbrief gerichtet war, hatte in manchen Punkten Ähnlichkeiten mit unserer Gemeinde: Wie wir war es eine kleine Gemeinde, sie lebten als Christen wie wir als Evangelische in der Diaspora und mussten darum kämpfen die Besonderheit ihres Glaubens klar zu machen. Gleichzeitig schaute man auf sie, weil sie die Exoten waren. Und sie hatten ein gemeinsames Ziel, an das der Verfasser erinnert. Sie wollen ihren Glauben leben!
Wir wissen nicht, was genau geschah, aber irgendwann brach ein großer Konflikt aus. Und es schien ziemlich her zu gehen. Die Gemeindeglieder beschimpften sich, sie beleidigten sich. Sie erzählten das weiter, was sie vielleicht auch nur gehört hatten, ohne es selbst zu überprüfen. Und wenn Sie das Gefühl hatten, sie wurden ungerecht behandelt, so handelten sie eben auch ungerecht.
Eigentlich ein ganz normales, menschliches Verhalten, oder? „Wie man in den Wald ruft, so kommt es zurück.“ „Auf einen groben Klotz, gehört ein grober Keil“ „Das geschieht ihm schon recht!“ Und es kam, wie es kommen musste: Einer beleidigte den anderen, der Andere war angespannt, die Nerven lagen blank, ein böses Wort ging zurück, man erzählte seinen Freunden davon und plötzlich gab es zwei Gruppen, die aufeinander losgingen. Zum Schluss wusste vielleicht auch keiner mehr so ganz genau, was eigentlich schief ging, wie alles angefangen hatte. Aber der Konflikt war da mit einer zerstrittenen Gemeinde, vielen Verletzungen und der großen Frage: Was eint uns?
Dem Briefeschreiber ist daran gelegen, dass ein Konflikt gar nicht so weit ausartet. Und so ermahnt er die Gemeinde mit all seiner Autorität: Euch alle schließlich fordere ich dazu auf, euch ganz auf das gemeinsame Ziel auszurichten. Seid voller Mitgefühl, liebt einander als Glaubensgeschwister, geht barmherzig und zuvorkommend miteinander um! Vergeltet Böses nicht mit Bösem und Beschimpfungen nicht mit Beschimpfungen! Im Gegenteil: Segnet!
Er sagt damit auch: Seid anders als eure Umwelt. Zeigt, dass ihr Christen seid, in dem ihr euch wie Christen verhaltet. Denkt an euer gemeinsames Ziel, euren gemeinsamen Glauben. Und etwas später sagt er: „Und seid jederzeit bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen,[…] von der Hoffnung, die euch erfüllt.
Und in diesem Satz versteckt er die frohe Botschaft und den Grund dafür, dass Christen aus der Spirale des Konfliktes herausgehen können: Die Hoffnung, die in euch ist. Die Hoffnung, die ihr bereits habt! Durch sie könnt ihr segnen!
Was ist diese Hoffnung? Es ist die Hoffnung auf Gott, auf Jesus, auf die Liebe Gottes jetzt und nach dem Tod. Es ist für uns hier die Hoffnung und das Versprechen, dass Gott uns annimmt und liebt, mit all unseren Fehler, selbst dann wenn wir uns selbst nicht mehr lieben.
Und weil er das mit jedem von uns macht, weil jeder von uns seine Fehler hat und trotzdem von Gott angenommen ist, deshalb ist keiner von uns besser als der Andere. Keiner wird mehr oder weniger von Gott geliebt, oder anders gesagt: Wir alle sind dazu berufen, dass wir Gottes Segen erben.
In der Abraham Geschichte gibt es diesen Vers: Ich will dich segnen und du sollst ein Segen sein. Wir können aber nur ein Segen sein, wenn wir zusammenhalten. Wenn wir uns nicht beschimpfen und nicht Böses mit Bösem vergelten.
Ich erlebe diese Kirchengemeinde gerade so, dass sie auf einem guten Weg ist. Viele derer, die sich bitter gegenüber standen, arbeiten zusammen. Bei der Kirchenvorstandswahl treten ganz viele, ganz verschieden Personen als Kandidaten an. Und wir wirken als Kirchengemeinde wieder nach außen. Unsere Kinderecke fällt auf. Und die Stadt nimmt sehr aufmerksam war, dass wir nächste Woche beim Festzug mit dabei sind.
Ich glaube diese Kirchengemeinde hat die große Chance zu zeigen, was christliches Leben ist: Nämlich indem sie zeigt, dass Konflikte sein können. Aber dass für uns als Christen es wichtig ist, dass wir uns nach einem Konflikt wieder versöhnen. Das ist es, das ich mir für diese Kirchengemeinde wünsche: Dass wir Rechenschaft abgeben von der Hoffnung die in uns ist. Von der Hoffnung auf Versöhnung.
Amen.

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