Liebe Gemeinde,
unser heutiger Predigttext ist ein uraltes Gemeindelied über Jesus, das Paulus im Philipperbrief erwähnt. Sie werden ihn nun zweimal hören. Einmal in der gewohnten Fassung in der Übersetzung von Martin Luther und einmal in der Übersetzung der Neuen Genfer Übersetzung.
So übersetzt ihn die Lutherbibel:
Seid so unter euch gesinnt, wie es auch der Gemeinschaft in Christus Jesus entspricht: Er, der in göttlicher Gestalt war, hielt es nicht für einen Raub, Gott gleich zu sein,sondern entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an, ward den Menschen gleich und der Erscheinung nach als Mensch erkannt.
Er erniedrigte sich selbst und ward gehorsam bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuz.
Darum hat ihn auch Gott erhöht und hat ihm den Namen gegeben, der über alle Namen ist, dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind,und alle Zungen bekennen sollen, dass Jesus Christus der Herr ist, zur Ehre Gottes, des Vaters.
Etwas verständlicher finde ich die Neue Genfer Übersetzung:
Das ist die Haltung, die euren Umgang miteinander bestimmen soll; es ist die Haltung, die Jesus Christus uns vorgelebt hat. Jesus Christus, unser Vorbild
Er, der Gott in allem gleich war und auf einer Stufe mit ihm stand, nutzte seine Macht nicht zu seinem eigenen Vorteil aus.
Im Gegenteil: Er verzichtete auf alle seine Vorrechte und stellte sich auf dieselbe Stufe wie ein Diener. Er wurde einer von uns – ein Mensch wie andere Menschen. Aber er erniedrigte sich ´noch mehr`: Im Gehorsam gegenüber Gott nahm er sogar den Tod auf sich; er starb am Kreuz ´wie ein Verbrecher`.
Deshalb hat Gott ihn auch so unvergleichlich hoch erhöht und hat ihm ´als Ehrentitel` den Namen gegeben, der bedeutender ist als jeder andere Name.
Und weil Jesus diesen Namen trägt, werden sich einmal alle vor ihm auf die Knie werfen, alle, die im Himmel, auf der Erde und unter der Erde sind.
Alle werden anerkennen, dass Jesus Christus der Herr ist, und werden damit Gott, dem Vater, die Ehre geben.
Wieso wird dieser Text an Palmsonntag gepredigt?
Das erste was mir auffiel ist, wie gut er in die Karwoche passt. Die Karwoche, die heute beginnt, ist deswegen so spannend, weil in ihr auf eine Woche so wahnsinnig viel passiert. Fast alle Emotionen, Erlebnisse, die wir als Menschen kennen, kommen in den Erlebnissen dieser Woche vor. Man könnte sagen: In ihr findet sich das Leben gebündelt auf eine Woche.
Heute, am Palmsonntag, hören wir wie die Menschen Jesus zujubeln. Zugleich wissen wir, dass diese Menschen in wenigen Tagen kein Hand bewegen werden um Jesus vor dem Tod zu retten. Ja, dass einige das „Kreuzige“ schreien werden. Palmsonntag ist der Tag des Jubels, der auch an den Verrat, an die Unzuverlässigkeit erinnert.
Und dann ist da noch dieser Widerspruch an Palmsonntag: Ein König zieht auf einem Esel sein. Das hatte sich nun keiner gedacht. Jesus wollte damit ausdrücken: Ich bin kein König, wie ihr es euch denkt.
Aber das merkte keiner. Palmsonntag ist auch der Tag, der uns daran erinnert, das hinter einem Schein oft noch ein anderes sein ist.
Dann einige Tage Ruhe vor dem Sturm.
Und dann am Donnerstag Gründonnerstag. Das letzte Gemeinsame Abendmahl, das letzte zusammensein. Die Erkenntnis, dass ein Verräter in den Reihen ist. Und die Selbsterkenntnis, dass jeder es sein könnte. „Herr, bin ich’s?“ Fragen die Jünger. Großmäuler: „Ich werde immer bei dir sein“ sagt Petrus. Unzuverlässige Freunde, die einschlafen vor dem Garten Gethsemane. Und Jesu Angst „Lass diesen Kelch an mir vorüberziehen“.
Und dann die Verhaftung. Der Wutausbruch von Petrus und der Versuch das Schicksal noch mit Gewalt zu verhindern. Es fließt Blut, als das Ohr abgeschlagen wird. Und ein ganz ruhiger, sanfter Jesus, der es heilt.
Angst bei Petrus und den Jüngern. Alle, die sie Jahre mit Jesus unterwegs waren, fliehen. Und Petrus verleugnet ihn, während Jesus verhört wird.
Überhaupt, das Verhör Jesu. Ein mächtiger Mann, der nur noch fragt „Was ist Wahrheit“ und der versucht, sich vor einer Entscheidung zu drücken. Und der merkt – das geht nicht. Bis ins Glaubensbekenntnis hat es Pontius Pilatus so geschafft. Als einziger außer Jesus namentlich erwähnt.
Dann die Kreuzigung, all das Sterben und Leid. Das verhöhnt werden, selbst am Kreuz noch. Die Sterbensangst Jesu – „Eli, eli lamach asaphtani – mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ und das Mitleiden der engsten Familie.
All das Emotionen, die wir auch kennen. Den Jubeln und den Verrat, das Verlassen werden und die Angst, den Tod und das Mitleiden und Mittrauern.
In der Karwoche ist alles gebündelt.
Er wurde einer von uns – ein Mensch wie andere Menschen. Aber er erniedrigte sich ´noch mehr`: Im Gehorsam gegenüber Gott nahm er sogar den Tod auf sich; er starb am Kreuz ´wie ein Verbrecher`.
So beschreibt es ganz gut der Philipperhymnus und er bringt einen Punkt hinein, der seit dem es nachdenken über Christus gibt, diskutiert wird: Musste Jesus das tun?
Der Hymnus hat seine Antwort: Nein, Jesus musste es nicht tun. Er war wie Gott, er hätte so bleiben können:
Er, der Gott in allem gleich war und auf einer Stufe mit ihm stand, nutzte seine Macht nicht zu seinem eigenen Vorteil aus.
Im Gegenteil: Er verzichtete auf alle seine Vorrechte und stellte sich auf dieselbe Stufe wie ein Diener.
Jesus starb freiwillig, im Gehorsam. All die Emotionen, den Verrat, die Angst, den Tod, durchlebte er freiwillig.
Der Gedanke, der mir an dieser Stelle wichtig ist: Gott durchlebt all die menschlichen Emotionen freiwillig. Unser Gott, den wir in Jesus Christus so nahe kommen, dass wir sagen: Gott ist in Jesus Christus, Christus war Gott. Dieser, unser Gott, will nicht oben im Himmel thronen. Er will uns nicht von oben zuschauen, was wir so machen.
Sondern, er will Mensch sein und das heißt auch: voll dabei sein. Mit allen Emotionen, auch den schlechten. Er will uns nahe sein. Und dafür nimmt er in Kauf, Bejubelt und Verraten zu werden. Er nimmt in Kauf, dass seine Freunde feige Großmäuler sind. Er nimmt in Kauf, dass er geschlagen und gefoltert wird. Er nimmt den stundenlangen Tod wie ein Verbrecher in Kauf.
Gott ist das wichtig. Nur weil Jesus das alles erlebt, fühlen wir uns ihm nahe. Nur deshalb, wissen wir dass Gott uns auch nahe ist, wenn wir ähnliches durchleiden müssen.
Für mich ist das der große Unterschied zu den anderen Religionen. Nur im Christentum ist Gott einem so nahe.
Und der Philipperhymnus sagt: Er macht das absichtlich!
Und weil Jesus bereit ist diesen Weg Gottes zu gehen, wird er verehrt. Deshalb sagen wir: Dieser Mensch ist Gott gleich.
Eine andere theologische Diskussion ist, ob Jesus vielleicht hätte „Nein“ sagen können: Nein, ich will eigentlich nicht sterben. Ich verhandle mit euch. Ich ziehe mich zurück, sage nie wieder etwas öffentlich, und ihr lasst mich leben.
Ich kann mir vorstellen, dass Jesus es hätte machen können, aber dass Gottes Geist so stark in ihm war, dass es für ihn nicht in Frage kam. Aber – es ist nur Diskussion.
Wichtig ist: Es ist geschehen. Jesus hat all das alles durchlebt und so ist Gott uns nahe gekommen.
Deshalb ist die Karwoche, die heute beginnt, so wichtig.
Zum Glück endet sie nicht mit Karfreitag, sondern mit Ostern. Der Tag, an dem Gott auch sagt: Ich leide nicht nur mit euch, ich schenke das ewige Leben.
Das ist die Haltung, schreibt Paulusdie euren Umgang miteinander bestimmen soll; es ist die Haltung, die Jesus Christus uns vorgelebt hat.Jesus Christus, unser Vorbild
Er, der Gott in allem gleich war und auf einer Stufe mit ihm stand, nutzte seine Macht nicht zu seinem eigenen Vorteil aus.
Im Gegenteil: Er verzichtete auf alle seine Vorrechte und stellte sich auf dieselbe Stufe wie ein Diener. Er wurde einer von uns – ein Mensch wie andere Menschen. Aber er erniedrigte sich ´noch mehr`: Im Gehorsam gegenüber Gott nahm er sogar den Tod auf sich; er starb am Kreuz ´wie ein Verbrecher`.
Deshalb hat Gott ihn auch so unvergleichlich hoch erhöht und hat ihm ´als Ehrentitel` den Namen gegeben, der bedeutender ist als jeder andere Name.
Und weil Jesus diesen Namen trägt, werden sich einmal alle vor ihm auf die Knie werfen, alle, die im Himmel, auf der Erde und unter der Erde sind.
Alle werden anerkennen, dass Jesus Christus der Herr ist, und werden damit Gott, dem Vater, die Ehre geben.
Amen.