Liebe Gemeinde,
Propheten reden von Gott. Sie verkünden Gottes Botschaft in der Welt. So gesehen sind wir Pfarrer Propheten und Sie, wenn sie von ihrem Glauben berichten auch. Die Botschaft ist nicht immer eine angenehme Botschaft, manchmal widerspricht sie allen Vorstellungen der Menschen. Weil sie vielleicht unbequem ist – ich denke da zum Beispiel an Amos, der im Namen Gottes anklagt, dass in seiner Gesellschaft keine soziale Gerechtigkeit herrscht.
Ein Jahrhundert später war Jeremia so ein unbequemer Prophet. Zu seiner Zeit war das Kleine Südreich Juda eingeklemmt von den Großmächten. Ägypten und Assyrien, das später von Babylon besiegt wurde. Juda versuchte mit geschicktem Paktieren sich immer an den mächtigeren zu Halten, in unserem Falle an Ägypten. Die Hofpropheten, die den König berieten sagten: Gott ist mit uns, das wird so gut sein! Nur Jeremia war anderer Meinung und er sprach die unangenehme Meinung laut aus. Ich lese aus dem Jeremiabuch im 23. Kapitel:
So spricht der HERR der Heerscharen: Hört nicht auf die Worte der Propheten, die euch weissagen. Sie täuschen euch, die Vision ihres Herzens reden sie, nichts aber aus dem Mund des HERRN.
Sie sagen stets zu denen, die mich verworfen haben: „Der HERR hat geredet: Ihr werdet Frieden haben“, und zu jedem, der in der Verstocktheit seines Herzens lebt, sagen sie: „Kein Unglück wird über euch kommen.“
Denn wer hat im Rat des HERRN gestanden, dass er sein Wort gesehen und gehört hätte? Wer hat auf sein Wort gelauscht und gehört?
Siehe, ein Sturmwind des HERRN, sein Grimm, ist hervorgebrochen, ein wirbelnder Sturmwind; auf den Kopf der Gottlosen wirbelt er herab. Nicht wendet sich der Zorn des HERRN, bis er getan und bis er ausgeführt hat die Pläne seines Herzens. Am Ende der Tage werdet ihr das voll verstehen.
Ich habe die Propheten nicht gesandt, und doch sind sie gelaufen. Ich habe nicht zu ihnen geredet, und doch haben sie geweissagt. Hätten sie aber in meinem Rat gestanden, dann würden sie mein Volk meine Worte hören lassen und es abbringen von seinem bösen Weg und von der Bosheit seiner Taten.
Bin ich nur ein Gott aus der Nähe, spricht der HERR, und nicht auch ein Gott aus der Ferne?
Oder kann sich jemand in Schlupfwinkeln verbergen, und ich, ich sähe ihn nicht?, spricht der HERR. Bin ich es nicht, der den Himmel und die Erde erfüllt?, spricht der HERR.
Ich habe gehört, was die Propheten sagen, die in meinem Namen Lüge weissagen und sprechen: Mir träumte, mir träumte!
Wie lange noch? Haben die Propheten etwa im Sinn – sie, die Lüge weissagen und Propheten des Truges ihres Herzens sind -, beabsichtigen sie etwa, meinen Namen bei meinem Volk in Vergessenheit zu bringen durch ihre Träume, die sie einer dem anderen erzählen, so wie ihre Väter meinen Namen über dem Baal vergaßen?
Der Prophet, der einen Traum hat, erzähle den Traum! Wer aber mein Wort hat, rede mein Wort in Wahrheit! Was hat das Stroh mit dem Korn gemeinsam?, spricht der HERR. Ist mein Wort nicht brennend wie Feuer, spricht der HERR, und wie ein Hammer, der Felsen zerschmettert?
Liebe Gemeinde,
im Nachhinein lässt es sich leicht sagen: Jeremia hatte Recht. Nebukadnezar II besiegte die Großmacht Ägypten und Juda. Und die Strafe für das Paktieren mit Israel war hart: Jerusalem wurde dem Boden gleichgemacht, der Tempel, das Heiligtum, zerstört und die Oberschicht verschleppt. Der Tradition nach starb Jeremia in Ägypten.
Jeremia hatte mit seiner Botschaft vom Zorn des Herrn recht. Er war, so schreibt die Bibel „im Rat des Herrn“ während die Hofpropheten von Träumen erzählt haben.
„Wer aber mein Wort hat, der rede mein Wort in Wahrheit“ spricht Gott. Und weiter: „Ist mein Wort nicht brennend wie Feuer und ein Hammer, der Felsen zerschmettert?“
Es hört sich leicht an: Wer auf Gott hört, der hat recht. Und Gottes Wort ist einleuchtend.
Aber ist es so einfach? Ist es so leicht zu erkennen, was Gott will? Kann man sozusagen so leicht in seinem Rat stehen?
Es gibt religiöse Gruppen, auch hier in Neunburg, die sind sich sicher, dass es so einfach ist. Bei der Diskussion mit den Zeugen Jehovas und beim Blick in ihre Verteilschriften scheint es eindeutig, was Gott will. Und wenn ich genau hinschaue, genau nachhacke, dann habe ich das Gefühl, da wird vielleicht auch vereinfacht, damit es eindeutiger wird.
Für mich als Pfarrer und als Christ, der selbstständig die Bibel liest, ist es nicht so leicht, genau zu sagen: „Das ist Gottes Wille“ und manchmal denke ich mir: Vielleicht liege ich auch daneben? Vielleicht wird es auch von mir heißen „Wer einen Traum hat, der erzähle den Traum!“
Was lässt uns erkennen, was Gottes Wort ist, was Gottes Wille ist, was von ihm zu erzählen ist. Drei Dinge sind es, die für mich eng zusammenhängen und ermöglichen eine Beurteilung abzugeben.
Zum einen die Bibel, zum zweiten Jesus Christus und zum dritten der Heilige Geist.
Die Bibel enthält für mich das Wort Gottes für ganz verschiedene Situationen. In ihr kann ich immer wieder passende Parallelen, Geschichten und Ratschläge finden.
Um zum Beispiel beim Propheten Amos zu bleiben: Er klagt soziale Ungerechtigkeit an und sagt: All die Gottesdienste sind sinnlos, wenn die Gesellschaft unsozial ist. Das heißt für mich auch heute: Wir Christen müssen uns für die sozial schwachen einsetzen. Und zwar nicht nur mit netten Worten oder einer Spende, sondern auch in der Politik. Von Amos kann ich ganz konkret etwas für heute lernen. Und in der Bibel finde ich immer wieder Beispiele dafür, was Gott will, von denen ich mich leiten lassen soll.
Ist die Bibel das aufgeschriebene Wort Gottes, so bezeichnen wir Jesus als das lebendige Wort Gottes. In ihm können wir im Umgang mit den Menschen sehen, was Gott will. Wir sehen, dass Jesus auf die Ausgegrenzten zugeht, wir sehen, dass er Menschen nicht einfach verurteilt sondern zum Nachdenken bewegt. „Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein“ sagt er. Bei Jesus verändert sich der Umgang der Menschen miteinander und so können wir uns auch inspirieren lassen im Umgang mit den Menschen.
Es gab einmal einen Nachbarn der wahnsinnig laut war. Er hatte einen ganz anderen Arbeitsrhythmus, ab 22.00 bummerte der Bass durch die Wand. Am liebsten hätte ich ihn angeschriehen oder schlimmeres gemacht. Eines Tages , oder besser nachts, fiel uns Jesus ein, der sagte geh noch eine Meile mit, wenn dich einer zwingt eine mitzugehen. Für den, der dich zwingt ist diese Freundlichkeit eine peinliche Situation. Und wir dachten uns analog: Gehen wir mal mit ner Flasche Bier nach neben an und laden ihn ein, vielleicht merkt er dann, wie schlimm das ist. Raus kam keine peinliche Situation sondern ein nettes längeres Gespräch mit gegenseitiger Wohnungsbesichtigung. Das Bummern hat leider nicht aufgehört, aber man kannte sich wenigstens und das verminderte den Ärger. Jesus hatte schon sehr gute Ideen für das miteinander leben. Jesus, das Mensch gewordene Wort Gottes kann uns Leitschnur sein im Leben.
Aber um das zu erkennen brauchen wir den Heiligen Geist, „der gesprochen hat durch die Propheten und die eine, heilige, allgemeine und apostolische Kirche – so haben wir vorhin im Glaubensbekenntnis bekannt. Der Heilige Geist ermöglicht uns, den Willen Gottes auch zu erkennen, Mut zu gewinnen ihn umzusetzen und laut auszusprechen.
Wenn diese drei Punkte zusammenkommen, dann stehen wir glaube ich im Rat des Herren. Wenn wir über die Bibel und über Jesus nachdenken und der Heilige Geist wirkt, dann wissen wir zumindest ansatzweise, was Gottes Wille ist. Und dann können wir von Gott reden als seine Propheten heute. Wir können die unbequemen Wahrheiten aussprechen, schweigen wenn Gott fern scheint und von der Liebe Gottes zu den Menschen erzählen. Denn heutzutage ist kein Amos dran und kein Jeremia, heute sind wir gefragt.
Amen.