Jesus das Licht – Predigt zum letzen Sonntag nach Epiphanias (Joh 12,34-36)

Liebe Gemeinde,
Die Tochter liegt im Bett. Das Gute Nacht Lied ist gesungen, der Gute-Nacht-Kuss gegeben. Bevor Papa den Raum verlässt ertönt noch die Stimme: „ Vorhang nicht zu! Offen lassen!“ Das Licht des Fensters hilft ihr, wenn Sie Angst hat. Seit kurzem lebt das Zimmer. Jeder Schatten ist ein Wauwau und die interessantesten Personen und Tiere kommen in der Nacht vorbei. Das Licht, es gibt Sicherheit. So spielt es sich überall auf der Welt ab, Licht von der Strasse oder aus dem Gang hilft gegen die Angst.
Es ist ein zutiefst menschliches Bedürfnis: In der Finsternis Licht haben, Gewissheit zu haben, dass alles OK ist. Wir Menschen brauchen das Licht, die Gewissheit.
Auch das Volk zur Zeit Jesu wollte Gewissheit. Man hatte ja schon so viel von ihm gehört. Er konnte angeblich Wunder bewirken. Und er predigte das Wort Gottes, aber immer wieder mit neuen Einsichten. Das waren nicht die gleichen Wege, die davor beschritten worden waren.
Gewissheit, das wollten auch die gottesfürchtigen Griechen und Juden, die um Jesus herumstanden
Der Evangelist Johannes erzählt von einer Begegnung Jesu, in der sich aus einem Gespräch mit gottesfürchtigen Griechen ein Streitgespräch mit dabeistehenden Juden ergibt. Kurz vorm Passafest bitten ein paargriechische Männer den Jünger Philippus, er möge ihnen den Kontakt zu Jesus herstellen. Philippus bespricht sich mit Andreas, und gemeinsam ermöglichen sie es ihnen. Jesus jedoch wartet nicht auf die Fragen der Männer, sondern spricht von seinem bevorstehenden Sterben: „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht. … Wenn ich erhöht werde von der Erde, so will ich alle zu mir ziehen.“
Das hören jüdische Männer. Und sie nutzen die Gelegenheit, nachzufragen. Der Evangelist Johannes berichtet uns davon im 12. Kapitel:
Das Volk sprach zu Jesus: Wir haben aus dem Gesetz gehört, dass der Christus in Ewigkeit bleibt; wieso sagst du dann: Der Menschensohn muss erhöht werden? Wer ist dieser Menschensohn? Da sprach Jesus zu ihnen:
Es ist das Licht noch eine kleine Zeit bei euch. Wandelt, solange ihr das Licht habt, damit euch die Finsternis nicht überfalle.
Wer in der Finsternis wandelt, der weiß nicht, wo er hingeht. Glaubt an das Licht, solange ihr’s habt, damit ihr Kinder des Lichtes werdet.
Das redete Jesus und ging weg und verbarg sich vor ihnen.
Liebe Gemeinde,
endlich Klarheit! Was soll dieses Gerede davon, dass der Menschensohn erhöht wird? Die Thora sagt doch eindeutig: Christus bleibt in Ewigkeit!
Die Menschen mit denen Jesus spricht, sie wollen, sie brauchen Klarheit. Der Jesus, der muss doch mal erklären können, was er meint. Jeder soll es mit seinem Verstand und mit der Thora überprüfen können!
Doch Jesus antwortet nicht direkt. Er erzählt vom Licht und der Finsternis:
Es ist das Licht noch eine kleine Zeit bei euch. Wandelt, solange ihr das Licht habt, damit euch die Finsternis nicht überfalle.
Wer in der Finsternis wandelt, der weiß nicht, wo er hingeht. Glaubt an das Licht, solange ihr’s habt, damit ihr Kinder des Lichtes werdet.
Und als er das gesagt hat, geht er weg und erklärt nichts mehr. Die Griechen und Juden damals, aber auch die Jünger von Jesus, sie werden sehr nachdenklich gewesen sein. Was will er sagen mit der Geschichte vom Licht?
Für uns, die wir das ganze Evangelium kennen, wird es klarer. Denn Johannes baut schon am Anfang immer wieder Stellen ein, in denen er auf das Ende von Jesus verweist. Auf die Finsternis, die da kommt.
Und so fordert Jesus die Menschen auf: Ich bin das Licht, ich bin hier. Nutzt die Zeit, die ich da bin, bevor ich nicht mehr da bin.
Wir heute haben Jesus nicht mehr unter uns. Aber leben wir in der Finsternis?
Ich denke, ein bisschen schon. Es gibt viele Finstere, viele traurige Momente in unserem Leben. Krankheit und Tod hinterlassen Finsternis.
Aber dennoch, um beim Bild Jesu zu bleiben, wandeln wir nicht in der Finsternis. Denn wir als die, die an Jesus Glauben, sind Kinder des Lichts. Und als Kinder haben wir immer Anteil an unseren Eltern, auch wenn sie bereits gestorben sind. Wir haben also auch Anteil am Geist Jesu, wenn wir an ihn Glauben – Heiligen Geist, nennen wir das. Und das Licht Jesu trägt auch bei uns Früchte: Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit benennt die Bibel als Früchte des Lichts. Als Christen versuchen wir diese Werte zu leben. Immer wieder, mehr oder weniger erfolgreich.
Aber wir haben Jesu versprechen, dass er bei uns ist mit seinem Geist und seinem Licht, da wir seine Kinder sind.
Erfahren können wir dies übrigens nicht mit dem Verstand, ich glaube da scheitern wir genauso wie die Gesprächspartner Jesu. Erfahren können wir ihn, indem wir unsere Augen und unser Herz aufmachen, für sein Wirken, für sein Licht. Für Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit. So können wir glaube ich das Licht sehen, auch wenn Jesus nicht mehr lebt.
Amen

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