Liebe Gemeinde,
Es ist nicht leicht, bei mir Schüler zu sein. Ich stelle immer wieder so schwierige Aufgaben. Eine, die für Schüler die mich länger haben, wieder kehrt und die in allen Klassen erstmal die Reaktion „wie soll ich denn das machen“ auslöst ist: „Male ein Bild von Gott!“. Keine Sorgen, Sie müssen jetzt nicht ran, aber Sie können ja heute nachmittag mal versuchen, ein Bild von Gott zu malen. Gar nicht so leicht.
Aber mit der Zeit fangen dann alle an zu malen und am Ende ist da immer ein Bild. Denn: Wir alle haben ein Bild von Gott im Kopf. Ob es nun der Mann auf einer Wolke ist, der meist bei den Kleineren zu finden ist. Oder Symbole bei den Älteren.
Wir alle stellen uns Gott irgendwie vor und unsere Bilder sind geprägt von Bildern der Kultur, der Kunstgeschichte, von Geschichten der Bibel und Geschichten die uns unsere Großeltern und Eltern erzählt haben. Wenn wir in der Bibel lesen entdecken wir, dass auch die biblischen Personen Bilder von Gott im Kopf hatten. Und dennoch sind sie offen für neue Erfahrungen, für Selbstoffenbarungen Gottes.
Die biblischen Autoren zeigen uns mit ihren Geschichten ihre Gottesbilder.
So auch die Autoren, die die folgende Geschichte aus dem 2. Buch Mose im 3. Kapitel aufgeschrieben. Versuchen Sie die Bilder, die vielleicht vor Ihrem inneren Auge erscheinen, auf die Seite zu schieben und auf den Text zu hören:
1 Mose aber hütete die Schafe Jitros, seines Schwiegervaters, des Priesters in Midian, und trieb die Schafe über die Wüste hinaus und kam an den Berg Gottes, den Horeb.
2 Und der Engel des HERRN erschien ihm in einer feurigen Flamme aus dem Dornbusch. Und er sah, dass der Busch im Feuer brannte und doch nicht verzehrt wurde.
3 Da sprach er: Ich will hingehen und diese wundersame Erscheinung besehen, warum der Busch nicht verbrennt.
4 Als aber der HERR sah, dass er hinging, um zu sehen, rief Gott ihn aus dem Busch und sprach: Mose, Mose! Er antwortete: Hier bin ich.
5 Er sprach: Tritt nicht herzu, zieh deine Schuhe von deinen Füßen; denn der Ort, darauf du stehst, ist heiliges Land!
6 Und er sprach weiter: Ich bin der Gott deines Vaters, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs. Und Mose verhüllte sein Angesicht; denn er fürchtete sich, Gott anzuschauen.
7 Und der HERR sprach: Ich habe das Elend meines Volks in Ägypten gesehen, und ihr Geschrei über ihre Bedränger habe ich gehört; ich habe ihre Leiden erkannt.
8 Und ich bin herniedergefahren, dass ich sie errette aus der Ägypter Hand
10 so geh nun hin, ich will dich zum Pharao senden, damit du mein Volk, die Israeliten, aus Ägypten führst.
13 Mose sprach zu Gott: Siehe, wenn ich zu den Israeliten komme und spreche zu ihnen: Der Gott eurer Väter hat mich zu euch gesandt!, und sie mir sagen werden: Wie ist sein Name?, was soll ich ihnen sagen?
14 Gott sprach zu Mose: Ich werde sein, der ich sein werde. Und sprach: So sollst du zu den Israeliten sagen: »Ich werde sein«, der hat mich zu euch gesandt.
Liebe Gemeinde,
der Autor lässt Gott sich selbst vorstellen und in dieser Geschichte erfahren wir ganz viel über ein Jahrtausende altes Gottesbild. Ein Gottesbild, das auch uns sehr geprägt hat.
Es lohnt sich also, dieses Gottesbild einmal genau anzuschauen.
Lassen Sie uns den Text noch einmal lesen unter dem Aspekt: „Was sagt der Text über Gott aus“.
Zu allererst fällt auf, dass Gott Moses Neugier weg: Ein Busch der nicht verbrennt. „Ich will hingehen und diese wundersame Erscheinung besehen, warum der Busch nicht verbrennt.“ Gott macht neugierig. Er erscheint Mose nicht und sagt: „hier bin ich, hör mal zu“, sondern er bringt Mose dazu sich neugierig zum Busch zu begeben. Erst dann beginnt das Gespräch zwischen beiden.
Gott will Respekt, er will respektiert werden, auch wenn er sich Mose auf so profane Weise wie einem Naturphänomen zeigt. „Tritt nicht herzu, zieh deine Schuhe von deinen Füßen; denn der Ort, darauf du stehst, ist heiliges Land!„ Wenig später verhüllt Mose sein Angesicht – aus Respekt.
Gott knüpft nun an an Geschichte – so wie wir es tun. Wir knüpfen an an Bibelgeschichten, an Bilder, an Büchern. Gott knüpft an an Erzählungen. Bei der im Raumstehenden, aber nicht gestellten Frage „Wer bist du“ sagt er: „Ich bin der Gott deines Vaters, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs.“ Für uns würde das vielleicht heißen: „Ich bin der Gott deiner Eltern, der Gott Abrahams, Paulus und Luthers“ Und schon haben wir viele Bilder im Kopf.
Und doch bleibt Gott auch weiter unklar. Denn es sind ganz viele verschiedene Bilder.
So spricht Gott weiter: Er erzählt, dass der Das Leiden des Volkes gesehen und gehört hat. – Gott ist also ein Mitleidender, ein sehender und ein hörender Gott, einer dem es nicht egal ist, wie es in unserer Welt zugeht.
Der nächste Satz ist uns vielleicht besonders fremd. Da sagt Gott: Und ich bin herniedergefahren, dass ich sie errette aus der Ägypter Hand Gott fährt „nieder“, er ist in der damaligen Vorstellung trotz der Nähe und der gemeinsamen Geschichte ganz weit weg. Das heißt aber: Gott ist nah und doch fern. Er ist nicht automatisch immer sofort da und greifbar. Manchmal reagiert er für unsere Begriffe erst verspätet-
Aber: Gott reagiert. In unserer Geschichte mit Umwegen. Denn: Er sucht sich einen Helfer „ so geh nun hin, ich will dich zum Pharao senden, damit du mein Volk, die Israeliten, aus Ägypten führst.„ Gott nimmt nicht immer den direkten Weg, manchmal sucht er sich Helfer aus. Übrigens Helfer allen Alters. In den Darstellungen ist Mose meist ein junger Mann, in der Bibel ist er bereits verheiratet und Vater eines Sohnes, also nicht mehr der allerjüngste.
Mose fühlt sich überfordert, er kennt für seine Verhältnisse Gott nicht gut genug. Mose sprach zu Gott: Siehe, wenn ich zu den Israeliten komme und spreche zu ihnen: Der Gott eurer Väter hat mich zu euch gesandt!, und sie mir sagen werden: Wie ist sein Name?, was soll ich ihnen sagen?„
Wie ist sein Name? Der Name sagt einiges über Menschen aus – meine Mann und wir ticken immer noch so. Studien sagen, dass Kevins ganz unbewusst in der Schule von Lehrern benachteiligt werden.
Ronny und Jacqueline sind sicher im Osten geboren, Waldemar ein Russlanddeutscher und Trickbetrüger rufen meist keine Bens sondern eher eine Else an. Und keiner würde heute sein Kind Adolf nennen. Wir assoziieren mit Namen etwas und mit dem Nachnamen kommt noch die Familiengeschichte dazu. „Der gehört fei zu der Familie, die mit dem vielen Kindern, weißt scho“ Schon haben wir mit zwei Namen ein ganzes Bild von einem Menschen vor Augen, das ist heute nicht anders als früher.
Mit welchen Namen stellt Gott sich also vor? Mit was können wir ihn assozieren? Barmherzigkeit, Rache, Ewigvater, Friedefürst?
Der Hebräische Begriff, der nun folgt, ist im Deutschen eigentlich nicht übersetzbar. Die aktuelle Lutherbibel übersetzt ihn mit „ich werde sein, der ich sein werde“, die gute Nachricht übersetzt „ich bin da“, die Einheitsübersetzung „Ich bin, der ich bin.“ und gleichzeitig kann es auch noch heißen: „Ich war, der ich war“. Das Hebräische Wort drückt ein Zustand des Seins, des Da-Seins aus, der zeitlich nicht bestimmt ist. Gott existiert, jetzt, schon immer und auch noch in Zukunft, in diesem Wort verschwimmt alles.
Und so gibt Gott sich einen Namen mit einer Aussage – und lässt sich doch nicht festlegen.
So pflanzt uns diese Geschichte Bilder in den Kopf: Von Gott der zuhört und reagiert, der entfernt ist und Respekt einfordert – und erzählt doch davon, dass Gott sich nicht in Bilder fangen lässt.
Und so sage ich immer wenn ich die Aufgabe in der Schule aufgebe: „Malt, was euch einfällt. Es gibt kein falsch und kein richtig. Nur unsere Bilder von Gott.“ und so lobe und würdige ich jedes der Bilder die gemalt werden, hinterfrage sie und stelle sie neben die anderen.
Amen.